· 

Rekord-Investitionen und Rekord-Schulden

Verwaltung stellt Haushaltsentwurf für 2020 im Gemeinderat vor –

Gemeinde rechnet erneut mit Überschuss im Ergebnishaushalt –

Sind die fetten Jahre erst einmal vorbei?

Die gute Nachricht verkündete der Wallenhorster Kämmerer Florian Lüttkemöller gleich zu Beginn seiner Bewertung des neuen Haushaltsplans. Demnach kann die Gemeinde bei Einnahmen von rund 42,65 Millionen Euro und Aufwendungen in Höhe von etwa 42,15 Millionen Euro mit einem Überschuss von gut 500.000,- Euro für den Ergebnishaushalt 2020 rechnen. Auch für die Folgejahre sehe es nach einer insgesamt positiven Entwicklung der Einnahmen aus. So kalkuliert der Gemeindekämmerer für 2020 unter anderem mit ähnlich zufriedenstellenden Gewerbesteuereinnahmen wie 2019 – also rund neun Millionen Euro. Gleich im nächsten Satz verdeutlichte der oberste Kassenwart der Gemeinde, dass die Steuerquellen derzeit bundesweit weniger kräftig sprudeln als in den Jahren zuvor und die richtig guten Jahre möglicherweise erst einmal vorbei sind.
Zugleich wird die Gemeinde im kommenden Haushaltsjahr voraussichtlich mit fast 15 Millionen Euro so viel Geld investieren wie nie zuvor. 2021 sind dann noch einmal Ausgaben von 10,4 Millionen Euro geplant, bevor die Investitionen 2022 auf gut 6,3 und 2023 auf knapp 4,2 Millionen Euro zurückgehen sollen. Ein wesentlicher Ausgabeposten im Haushaltsjahr 2020 ist neben Millionen-Ausgaben für diverse Grundstückskäufe sowie den Neubau des Feuerwehrhauses und die Dorferneuerung in Rulle der mit inzwischen 3,5 Millionen Euro veranschlagte Neubau des Krippenhauses in Wallenhorst. Der wird somit um deutlich über eine Million Euro teurer werden, als von der Verwaltung geplant und vom Gemeinderat beschlossen worden ist.
Dass die Gemeinde die in den nächsten zwei Jahren anstehenden hohen Investitionen nicht komplett aus eigenen Finanzmitteln bezahlen kann, macht die ebenfalls mit dem Haushalt vorgestellte Prognose der Schuldenentwicklung deutlich. Wenn es bei den derzeit kalkulierten Kosten bleibt, wird der Schuldenstand der Gemeinde im nächsten Jahr auf knapp 25,3 und 2021 auf gut 26,6 Millionen Euro ansteigen. Das bedeutet gegenüber dem Haushaltsjahr 2018 einen Schuldenanstieg von mehr als acht Millionen Euro, was mehr als 42 Prozent entspricht.
Der Kämmerer Florian Lüttkemöller betonte, dass er für die weitere Zukunft auf einen Abbau der Schuldenlast hofft. Der mittelfristige Haushaltsplan sieht vor, dass die Schulden bis zum Jahr 2023 wieder auf etwa 22,8 Millionen Euro zurückgeführt werden. Zu Beginn der aktuellen Legislaturperiode hatten Sprecher der Ratsmehrheit von SPD/FDP, Wählergemeinschaft und CDW/W erklärt, dass sie einen Abbau der Schulden anstreben.
In guter Rats-Tradition wurde bei der jetzt erfolgten Einbringung noch nicht über den Haushaltsentwurf für 2020 diskutiert. Die Beratungen sollen nun in den einzelnen Fraktionen erfolgen. Änderungswünsche können dort bis Ende November formuliert werden. Wenn es nach dem Fahrplan der Verwaltung geht, soll der Haushalt für 2020 in der Gemeinderatssitzung am 19. Dezember verabschiedet werden. (H.)


Kommentar von Redakteur Klaus Hilkmann

Wo sind die Antworten?

Man darf nicht mehr ausgeben, als man sich leisten kann. Was für jeden Privathaushalt ein Grundsatz soliden Wirtschaftens ist, sollte eigentlich auch für den Umgang mit Steuergeldern gelten. Der Bund und das Land Niedersachsen haben aus gutem Grund eine Schuldenbremse installiert, die einen weiteren Schuldenanstieg verhindern soll. Denn Eines ist klar: Die Schulden von heute und morgen müssen irgendwann bezahlt werden und sind eine Belastung für die kommende Generation.
In Wallenhorst ist das offenbar alles anders. Die Verwaltung präsentiert dem Gemeinderat aktuell einen Haushaltsentwurf, der innerhalb von nur zwei Jahren einen Schuldenanstieg von mehr als 42 Prozent vorsieht. Der Kämmerer hofft zwar, dass die Verschuldung in den Folgejahren wieder zurückgeführt werden kann. Aber kann er da angesichts der zahlreichen Risiken für die Wirtschaft wirklich sicher sein? Die aktuellen Zahlen mahnen hier zur Vorsicht. Eine von vielen Wirtschaftsfachleuten erwartete Abkühlung der Wirtschaft wird sicher auch an Wallenhorst nicht spurlos vorübergehen. Mit den jahrelang schön sprudelnden Einnahmen könnte es dann vorbei sein. Die Frage, was dann mit dem angestrebten Abbau des Schuldenstands wird, blieb von der Verwaltung unbeantwortet.
Sicher ist zugleich, dass die für die nächsten Jahre eingeplanten Investitionen etliche sinnvolle Maßnahmen ermöglichen, von denen die Bürger unserer Gemeinde profitieren werden. Die Dorferneuerung und der Feuerwehrneubau in Rulle sowie der Krippenneubau in Wallenhorst sind hier nur einige Positiv-Beispiele. Es stimmt, dass viele der auf den Weg gebrachten Maßnahmen richtig und sinnvoll sind – auch, wenn sie sehr viel Geld kosten.
Auf der anderen Seite gehört gerade in Haushaltsjahren mit einer Neuverschuldung jeder Euro genau auf den Prüfstand. Die schon jetzt feststehende hohe Budgetüberschreitung für die neue Kinderkrippe lässt Fragen zur Kostendisziplin unserer Entscheider in Rat und Verwaltung aufkommen. Dass hier überhaupt Mehrhausgaben in Millionenhöhe entstanden sind, ist schon ein starkes Stück. Noch schlimmer ist, dass die Gründe bei der aktuellen Haushaltseinbringung unerklärt geblieben und von der Ratsmehrheit bislang auch nicht wirklich eingefordert werden.
Ob man so mit Steuergeldern umgehend kann, werden die Verantwortlichen Entscheider aus Politik und Verwaltung den Bürgerinnen und Bürgern irgendwann erklären müssen. Kritische Nachfragen gibt es schon jetzt vom Bund der Steuerzahler, der – ähnlich wie viele Bürgerinnen und Bürger – von der Gemeinde wissen möchte, warum der Butke-Kreisel in Lechtingen für eine sechsstellige Summe umgebaut worden ist. Das Bürger-Echo wartet bei dieser und anderen Finanzfragen wie viele Bürger aus unserer Gemeinde gespannt auf Antworten. (H.)