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Ist das angemessen?

Strafticket für drei Minuten Falschparken im Ärztehaus-Kreisel

Eigentlich wollte der ältere Herr aus Rulle (Name ist der Redaktion bekannt) vor etwa sechs Wochen nur einen wichtigen Arzttermin wahrnehmen. Seine Frau hatte ihn zum Ärztehaus am Ruller Kreisel gefahren und mit dem Auto kurze Zeit am Kreiselrand gehalten, um ihrem gehbehinderten Mann aus dem Auto zu helfen und ihm einen möglichst kurzen Weg in die Praxis zu ermöglichen. Von einer Politesse, die den Vorgang aus der Nähe beobachtet hatte, erhielten sie anschließend ein Knöllchen über zehn Euro. Dem Ehepaar wird auf dem Strafzettel vorgeworfen, ihr Auto für genau drei Minuten verbotswidrig im Kreisel (siehe Foto) abgestellt zu haben.
Das Ehepaar gibt zu, dass sie einen Fehler gemacht haben, wären mit dem Auto aber schnell wieder weg gewesen. Da die Politesse den Vorgang von Anfang an beobachtet habe, wäre auch ein kurzes Gespräch mit einer mündlichen Ermahnung möglich gewesen, so das Ehepaar. Immerhin sei für jeden zu sehen gewesen, dass der Mann mit Gehhilfen unterwegs war und Hilfe gebraucht habe.
Für den bei der Gemeinde Wallenhorst zuständigen Fachbereichsleiter Rüdiger Mittmann ist das Ganze ein klarer Fall: „Die Erteilung einer gebührenpflichtigen Verwarnung war in diesem Fall angemessen und somit die richtige Entscheidung“, schreibt er in einer schriftlichen Antwort an das Bürger-Echo. Eine mündliche Verwarnung wäre „nicht angemessen gewesen“. Grundsätzlich gelte für die Gemeinde Wallenhorst, dass die Politessen angewiesen sind, die gesetzlichen Vorschriften und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Auf weitere Einzelheiten zu dem vorliegenden Fall wollte Rüdiger Mittmann nicht eingehen, „da es sich um ein laufendes Verfahren handelt“.
Die Frage, ob die Politesse eine Provision für ausgestellte Strafzettel bekommt, beantwortet der Fachbereichsleiter mit einem klaren „Nein“. Die Kosten für die Überwachung des ruhenden Verkehrs beziffert er für das Jahr 2018 mit 25.200,- Euro. Dem hätten Verwarngelder in Höhe von 16.500,- Euro entgegengestanden. Die Relation zwischen den Kosten der Gemeinde und den Einnahmen seien aber nicht entscheidend, betont Rüdiger Mittmann: „Wenn keine Verstöße festgestellt werden, wäre das der beste Effekt“. (H.)


Kommentar von Redakteur Klaus Hilkmann:

Zehn Euro oder zehn Worte

Ein Knöllchen ist immer unerfreulich und das Verständnis für das damit verbundene Verwarngeld hält sich oft in Grenzen. Viele Betroffene rea-gieren ähnlich wie jetzt das Ehepaar aus Rulle: Der Verstoß sei ja nur kurz gewesen und habe niemandem geschadet, ist ein häufiges Argument. Für die Wallenhorster Bürgerinnen und Bürger bringt der aktuelle Fall die positive Erkenntnis, dass die Parkkontrollen der Gemeinde offenbar nicht auf ein lukratives Geschäft abzielen. Vielmehr geht es um darum, dass für alle geltende Regeln möglichst auch von allen eingehalten werden. Die Realität ist leider auch in Wallenhorst so, dass manche Zeitgenossen ohne Rücksicht auf andere so (falsch) parken, wie es ihnen gefällt. Da helfen mitunter nur Kontrollen und auch Straftickets.
Über das 10 Euro-Knöllchen im vorliegenden Fall kann man sicher geteilter Meinung sein. Einerseits liegt gut erkennbar ein ahndungswürdiger Verstoß vor. Andererseits hätte die Politesse auch auf die Idee kommen können, das Ehepaar darauf aufmerksam zu machen, dass es so nicht geht. Statt zehn Euro hätten dann vielleicht auch zehn klare und freundliche Worte gereicht. (H.)

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