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Wahl der Grundschule: Im Zweifelsfall hat die Schulleitung das letzte Wort

Elternwille soll in Wallenhorst ab 2024 nicht mehr entscheidend sein –

Fachausschuss mehrheitlich für die Einführung verbindlicher Schuleinzugsgebiete –

Bürgermeister sieht Ziel erreicht –

CDW/W und CDU dagegen –

Petition bleibt ohne Wirkung

Weg mit dem freien Elternwillen. Dafür haben im Zweifelsfall künftig die Schulleitungen das letzte Wort darüber, welche Grundschule die Wallenhorster Erstklässler besuchen müssen. Der Fachausschuss für Schulen und Bildung legte dafür die Grundlage. Er stimmte mehrheitlich einem in der Sitzung leicht abgeänderten Vorschlag der Verwaltung für die Einführung verbindlicher Schuleinzugsgebiete zu.

Wo die Einschulung ihres Kindes erfolgen muss, kann jede Familie nun an einer von der Gemeindeverwaltung erstellten Karte ablesen, die zeigt, welche Wohngebiete der jeweiligen Grundschule zugeordnet sind. Die Gemeinde Wallenhorst entspricht damit einer 1998 erstellten Vorgabe des niedersächsischen Kultusministeriums, das die Kommunen zur Einführung von Schuleinzugsgebieten auffordert. Im Landkreis Osnabrück sei die Verordnung schon von den meisten anderen Kommunen umgesetzt worden, erklärte Bürgermeister Otto Steinkamp: „Es ist an der Zeit, dass wir das nun auch in Wallenhorst tun.“

Zum Beispiel wird die Siedlung am Gruthügel demnach der Lechtinger Grundschule zugeordnet, obwohl der Schulweg nach Rulle für die Sechs- bis Siebenjährigen Erstklässler kürzer und sicherer wäre, wie etwa der SPD-Ratsherr Hauke Klein in der Ausschusssitzung betonte. Seine Fraktion werde dessen ungeachtet für die Einführung der Schuleinzugsgebiete stimmen. So müsse man in dieser schwierigen Frage genau abwägen: „Letztlich haben die Argumente des Bürgermeisters und der Schulleitungen für uns das größere Gewicht.“    

Wichtiger als der freie Elternwille sei, dass die Gemeindeverwaltung und die Schulen mehr Planungssicherheit und bessere Steuerungsmöglichkeiten bekommen. Mit den klar festgelegten Einzugsgebieten sei frühzeitig absehbar, wie groß die Zahl der Erstklässler für die fünf Wallenhorster Grundschulen ist. So lasse sich das Ziel leichter erreichen, dass die Erich Kästner-Schule in Hollage in der Regel dreizügig und die anderen vier Grundschulen im Gemeindegebiet jeweils zwei neue Klassen pro Schuljahr einrichten können.

Ohne von oben festgelegte Regeln bestehe die Gefahr, dass die Anmeldezahlen in den einzelnen Grundschulen zu hoch oder zu niedrig sind, um die angepeilten Klassenstärken erreichen zu können. Das könne letztlich dazu führen, dass eine Schule aus allen Nähten platzt und es in einer anderen zu Leerständen kommt. Für die Gemeinde könnten so teure Investitionen für An- und Neubauten erforderlich werden, berichtete Bürgermeister Otto Steinkamp. Genau das lasse sich mit einer gezielten Lenkung der Schülerverteilung verhindern.

„Wir sehen keinen Bedarf.“ Andre Schwegmann und Andre Budke erklärten für die CDW/W bzw. die CDU, dass ihre Fraktionen gegen die Einführung der Schuleinzugsgebiete stimmen. Die aktuellen Zahlen würden zeigen, dass es sich im kommenden Schuljahr um höchstens 16 Schüler handelt, die für eine Grundschule angemeldet worden sind, die außerhalb der von der Verwaltung vorgegebenen Zuordnung liegt. „Das haben die Schulen bislang immer gut hinbekommen“.

Gegen die Neuregelung spreche auch, dass das Prinzip „kurze Beine – kurze Wege“ am Gruthügel und in anderen Bereichen ins Negative umgekehrt werde. Auch eine von mehr als 200 Eltern unterzeichnete Petition gegen die Einführung zeige, dass „wir das so nicht machen sollten.“ Ein großer Teil der Unterzeichner war zur Ausschusssitzung gekommen, um zu zeigen, wie wichtig dieses Thema für viele Familien ist.  

An dem Beschluss der Ausschussmehrheit änderte das wenig. Auf Antrag der FDP-Fraktion wurde der Vorschlag der Verwaltung nur insoweit abgemildert, dass es Ausnahmeregelungen in einigen Siedlungsbereichen geben darf. Dafür stimmten neben der SPD, der FDP und den Grünen auch die Vertreter der Schulen, der Eltern und der Schüler. Falls die Neuregelung auch am 4. Juli in der nächsten Ratssitzung eine Mehrheit findet, gilt sie ab dem 2024 beginnenden Schuljahr. (H.)


Kommentar

...von Redakteur Klaus Hilkmann

Von oben vorgegeben

25 Jahre hat die Rechtsverordnung in der Schublade gelegen, ohne dass sich jemand dafür interessiert hätte. Jetzt soll sie plötzlich so wichtig sein, dass die vom Land Niedersachsen geforderten Schuleinzugsgebiete umgehend installiert werden müssen. Wer dieser Begründung des Bürgermeisters und der Ausschussmehrheit folgt, muss schon sehr gutgläubig sein. 

In Wirklichkeit geht es um etwas anderes. Die Gemeinde und die Schulleitungen möchten es bei der Planung neuer Schuljahre einfacher haben und selbstgesetzte Ziele wie die Drei- oder Zweizügigkeit für die einzelnen Schulen leichter umsetzen können. Die Freiheit bei der Schulwahl stört da natürlich – insbesondere dann, wenn die Eltern ihr Kind an eine Schule außerhalb der festgelegten Einzugsgrenze schicken. 

Dass die Neuregelung dafür sorgt, dass viele Sechs- oder Siebenjährige aus ihrem gewohnten sozialen Umfeld herausgerissen werden und sie eine andere Grundschule als ihre Kindergartenfreunde besuchen sollen, wurde im Fachausschuss nicht eingehend diskutiert. Man kann es nicht allen recht machen, sagt der Bürgermeister dazu. Und auch die Sprecherin der Schulleitungen ging in ihrem wortreichen Beitrag mit keinem Wort darauf ein, dass die Einschulung 2024 für etliche Sechs- bis Siebenjährige eher ein Tag der Tränen als der Freude sein wird.

Letztlich stellt sich in der aktuellen Diskussion die Frage, ob Bildungs- und Verwaltungseinrichtungen für die Menschen da sind oder es eher umgekehrt ist. Für die Mehrheit des Schulausschusses ist die Sache bei den Schuleinzugsgebieten klar: SPD, FDP und Grüne nahmen die Sorgen der in großer Zahl zur Ausschusssitzung gekommenen Eltern zwar zur Kenntnis. Sie folgten aber dem Verwaltungsvorschlag, dass in Wallenhorst nun das gilt, was von oben vorgegeben wird. (H.)


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