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Bürgermeister kritisiert Berichterstattung des Bürger-Echos zur Ansiedlung der Restmüllumschlag-Anlage am Schwarzen See

„Zum Glück gibt es noch andere Medien“

„Diese Berichterstattung ist schwierig und nervt.“ Bürgermeister Otto Steinkamp nutzte jetzt den abschließenden Tagungsordnungspunkt „Anfragen und Anregungen“ der Ratssitzung, um die jüngsten Bürger-Echo-Artikel zum Thema Restmüllumschlag in Wallenhorst aus seiner Sicht „richtigzustellen“. Sichtlich aufgebracht nannte der Bürgermeister mehrere Punkte, die ihm überhaupt nicht gefallen haben.

Als Erstes sei es „nicht richtig“, dass die neu gebaute AWIGO-Anlage mit der vergleichbar ist, die nach massiven Protesten aus der Bevölkerung im Jahr 2002 verhindert worden war. Die nun rund 200 Meter entfernt entstandene Restmüll-Umschlaghalle sei komplett anders konzipiert und nach strengen Prüfungen der zuständigen – wie auch die AWIGO – beim Landkreis Osnabrück angesiedelten Behörden genehmigt worden.

Falsch sei auch der durch die Berichterstattung vermittelte Eindruck, dass die Ratspolitiker nicht ausreichend durch ihn informiert worden sind, erklärte der Bürgermeister. Vielmehr hätte mit einem Blick in den Bebauungsplan schon Ende 2019 beim Vertragsabschluss zwischen Gemeinde und  AWIGO „allen klar sein können, was auf der Fläche möglich ist.“ 2022 sei die Politik zudem ausführlich über das Projekt informiert worden. Dass nun „einige wenige Ratsmitglieder“ das Gegenteil behaupten, „nervt mich“.

Er persönlich freue sich sehr über die Ansiedlung der AWIGO-Anlage am Schwarzen See. Bei dem Ganzen dürfe man auch nicht vergessen, dass die Gemeinde Wallenhorst damit einen großen Beitrag für die Entsorgungssicherheit im Landkreis Osnabrück leiste, berichtete der Bürgermeister: „Ohne die jetzt erfolgte Inbetriebnahme hätte es schon in wenigen Wochen sein können, dass die Restmülltonnen zu einem Großteil nicht mehr geleert worden wären.“

Statt das AWIGO-Projekt zu kritisieren, sollte das Bürger-Echo ähnlich wie andere regionale Medien besser über dessen Vorteile und die insgesamt positive Entwicklung im Gewebegebiet am Schwarzen See schreiben. So seien dort schon jetzt bis zu 80 Millionen Euro in der Investitions-Pipeline. Negativ-Berichte über die Restmüllanlage könnten der Gemeinde Wallenhorst schaden, betonte Otto Steinkamp: „Auch das nervt mich.“ Zum Abschluss seiner Stellungnahme gab er dem Bürger-Echo ein dringenden Rat mit: „Bleiben Sie mehr bei der Wahrheit.“

Die Redaktion des Bürger-Echos hat gleich am nächsten Morgen um Aufklärung beim Bürgermeister nachgesucht und ihm die folgende Mail gesendet:

„Um auch weiterhin korrekt berichten zu können, bitten wir Sie, uns Ihre Einlassung in der gestrigen Ratssitzung möglichst im Wortlaut zukommen zu lassen. Dies gilt insbesondere für die Passage, in der Sie dem Bürger-Echo eine wahrheitswidrige Berichterstattung vorwerfen. Gern hätten wir gewusst, was Sie damit meinen und welche Inhalte wir aus ihrer Sicht nicht korrekt dargestellt haben. Darüber hinaus wüssten wir gern, wie Sie darauf kommen, dass die AWIGO-Anlage als solche vom Bürgerverein Wallenhorst abgelehnt wird. Um es noch einmal sehr deutlich zu machen: Im Fokus unserer Kritik steht die mangelhafte Information der Bevölkerung über das Vorhaben, die Sie und zumindest auch Teile des Rates zu verantworten haben.“

Die Antwort erfolgte knapp zehn Minuten später per Anruf des Bürgermeisters. In deutlichen Worten erneuerte er seinen Vorwurf, dass das Bürger-Echo zumindest in einem Punkt „falsch und irreführend“ berichtet habe: „Die aktuelle Anlage ist mit der von 2002 nicht vergleichbar – und das wissen Sie.“ Dass man dies mit Blick etwa auf die bei beiden Projekten anfallenden großen Müllmengen und dem damit verbundenen Mülltourismus auch anders sehen könne, ließ der Bürgermeister nicht gelten.

Auf den eigentlichen Kritikpunkt des Bürger-Echos, dass er die Bevölkerung kein einziges Mal über den am Schwarzen See geplanten Restmüllumschlag informiert hat, ging Otto Steinkamp nicht ein. Nach etwa fünf Minuten kam er zu dem Schluss, „dass es in Wallenhorst zum Glück auch noch andere Medien gibt.“ Mit einem „schönen Gruß an Herrn Bergmann“ (der Geschäftsführer des Bürgervereins und Herausgeber des Bürger-Echos, die Redaktion) beendete der Bürgermeister das Telefongespräch.

Das Bürger-Echo möchte das Ganze nicht weiter kommentieren, stellt aber fest: Der Bürgermeister macht zwar erneut deutlich, dass er die Vergleichbarkeit der aktuellen Anlage mit der 2002 geplanten anders als das Bürger-Echo bewertet. Einen Nachweis für eine wahrheitswidrige Berichterstattung konnte Otto Steinkamp nicht erbringen. Da er seine Einlassung am Ende der Ratssitzung „nicht Wort für Wort verschriftlicht“ habe, konnte er diese dem Bürger-Echo nicht zukommen lassen.

Für das am 5. Juni erschienene Bürger-Echo hat Bürgermeister Otto Steinkamp die ihm gestellten Interviewfragen übrigens einen Tag nach Redaktionsschluss beantwortet. Die Veröffentlichung holen wir in der aktuellen Ausgabe – natürlich im Wortlaut – nach:

29. Juni 2023

Sehr geehrter Herr Hilkmann, 

seit nunmehr 4 Wochen versuchen Sie als Redakteur des Bürgervereins im Bürger-Echo die Entwicklung des neuen AWIGO Standortes im Gewerbegebiet Schwarzer See zu skandalisieren. Durch die Berichterstattung entsteht der Eindruck, dass die AWIGO im Gewerbegebiet Schwarzer See eine Anlage betreibt, die nicht im Rahmen der Genehmigung betrieben wird. Durch diese Art der Berichterstattung wird die Vermarktung des Gewerbegebietes zukünftig deutlich erschwert. Das finde ich für die Gemeinde Wallenhorst sehr schade.

Die AWIGO betreibt am Standort Schwarzer See eine Restumschlaghalle und demnächst auch einen Recyclinghof nach neuestem Standard. Dadurch wird die Entsorgungssicherheit im Landkreis und in der Gemeinde Wallenhorst deutlich erhöht. 

Die Anlage wird im Rahmen der Festsetzungen des BPlanes Schwarzer See betrieben. Insofern wussten alle Ratsmitglieder beim Verkauf des Grundstückes welche Entwicklung des Standortes durch die AWIGO möglich ist. Hätte die AWIGO eine Befreiung von den Festsetzungen des BPlanes gewollt, hätte ich dies durch einen politischen Beschluss begleiten lassen.

Es überrascht mich an dieser Stelle auch, dass einige wenige Mitglieder des Rates der Gemeinde Wallenhorst ein Jahr nach der Information durch die AWIGO meinen, nicht informiert zu sein. Den Pressebericht dazu haben Sie im Bürger-Echo selbst veröffentlicht. 

Für die Zukunft würde ich mir wünschen, dass das Bürger-Echo des Bürgervereins einmal die aktuelle positive Entwicklung am Schwarzen See zum Thema macht. Bis heute sind dort Projekte mit einer Investitionssumme von über 80 Mio. € in der Planung und Umsetzung. 

Freundliche Grüße 

Otto Steinkamp, Bürgermeister

Bei der Lektüre wird der Leser ähnlich wie wir feststellen können, dass der Bürgermeister vieles an der Berichterstattung kritisiert, aber nach wie vor keine Antwort auf die für viele Bürgerinnen und Bürger wichtigen und wesentlichen Fragen gibt: Warum hat er die Bevölkerung nicht über den Bau einer derart großen Restmüll-Umschlaghalle auf Wallenhorster Gebiet informiert?

Es scheint: Otto Steinkamp hat davon nach eigener Aussage spätestens Ende 2019 gewusst – und die Gemeinderatsmitglieder hätten nach Überzeugung des Bürgermeisters zu diesem Zeitpunkt zumindest informiert sein können. Knapp zwei Jahre später erfolgte 2021 die Wahl des Bürgermeisters und des Gemeinderates. Vor diesem Hintergrund muss die Frage erlaubt sein, wie die beiden Wahlen mit dem Bekenntnis „Wir sind für den Restmüllumschlag von täglich 250 Tonnen in Wallenhorst“ ausgegangen wären. (H.)  


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