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Die Bürger nicht an der Haltestelle warten lassen

Busse sollen in Wallenhorst wieder zuverlässig fahren –

Ratsfraktionen streiten über richtigen Weg  –

Gemeinde hat ÖPNV-Zuschusszahlungen eingestellt  – 

Bringt Notfallfahrplan Verbesserungen?

Überall wird die Verkehrswende mit weniger Autos und mehr öffentlichem Nahverkehr gefordert. Auch die Gemeinde Wallenhorst zahlt Jahr für Jahr viel Geld, damit die Bürger mit dem Bus von A nach B gelangen können. Das Problem ist nur: Auf den meisten Linien fahren die Busse im Gemeindegebiet nur unzuverlässig oder gar nicht. Wer sich auf den ÖPNV verlässt, muss häufig lange warten und verzichtet schließlich frustriert auf die umweltfreundliche Fahrt. Selbst auf den Schulbusverkehr ist in Wallenhorst schon lange kein Verlass mehr.

Dass viele Wallenhorster Bürger zutiefst verärgert über den nicht funktionierenden ÖPNV sind, beschäftigte nun auch den Gemeinderat. Er empfinde „ein mächtiges Grummeln im Bauch“ und habe die Zahlungen für den ÖPNV-Zuschuss an den Landkreis jüngst eingestellt, berichtete Bürgermeister Otto Steinkamp: „Das machen wir nicht, weil wir das Geld für den ÖPNV einsparen wollen. Vielmehr wollen wir ein Zeichen setzen, dass es so nicht mehr weitergehen kann“.

Nach zahlreichen schwierigen Gesprächen mit verschiedenen für den ÖPNV auf Kreis- und Landesebene zuständigen Akteuren sei nun immerhin eine 1 B-Lösung in Sicht. Demnach soll die VLO Bus GmbH des Landkreises Osnabrück im Rahmen einer Notfallvergabe mit den Fahrten betraut werden. Damit solle erreicht werden, dass zumindest der bereits ausgedünnte Fahrplan bedient wird und die Busse etwa auf der Linie 584 von Hollage nach Osnabrück wieder zuverlässig im 30 Minuten-Takt fahren.

Ein Wermutstropfen ist nach Ansicht des Bürgermeisters das ausgewählte Verfahren. Die  Notfallvergabe stelle zwar sicher, dass erst einmal ein Betreiber gefunden worden ist. Ein wesentlicher Nachteil sei aber, dass die Leistung nun nach spätestens zwei Jahren europaweit ausgeschrieben werden muss. Genau das widerspreche der angestrebten mittel- und langfristigen Versorgungssicherheit. Denn wer in zwei Jahren den Zuschlag für die Bedienung der Buslinien bekommt, könne derzeit niemand sagen, betonte Otto Steinkamp. Hier hätte man auch eine bessere Lösung haben können, die schon jetzt mehr Klarheit bringt.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Guido Pott sieht die Ursache der Wallenhorster ÖPNV-Problematik vor allem im Osnabrücker Kreishaus. Dort habe man „seine Hausaufgaben nicht gemacht“ und lasse die Gemeinde „im Regen stehen“. In Folge der Notfallvergabe drohe der Gemeinde Wallenhorst „eine Hängepartie beim ÖPNV“. Der SPD-Politiker appellierte an die Wallenhorster Kreistagsmitglieder genau das zu verhindern. Denn in einem Punkt sollten sich alle einig sein: „Man muss sich wieder auf den Bus verlassen können.“

Dem stimmte der CDU-Ratsherr Holger Pellmann grundsätzlich zu. Anders als Guido Pott ist die von der Kreistagsmehrheit vorgesehene Notfallvergabe für ihn aber „auch juristisch ein sauberer Weg“. Markus Steinkamp (FDP) erklärte, dass sich die Situation bereits verbessert habe. Seines Wissens sei es seit den Sommerferien im Gemeindegebiet bislang nur ein Mal vorgekommen, dass der Schulbus nicht gekommen ist. Eine bessere Alternative zur Notfallvergabe sehe er nicht. Zur ganzen Wahrheit gehöre auch, dass die bislang betrauten Busunternehmen nicht ohne Grund an einer gesicherten Versorgung gescheitert sind. Markus Steinkamp nannte hier in erster Linie die rapide gestiegenen Energiekosten und den Fahrermangel.

Der Grünen-Fraktionschef Rüdiger Schulz verwies darauf, dass der Betrieb der Buslinien für die beauftragten Unternehmen „derzeit schlichtweg nicht wirtschaftlich ist“. Künftig müsse genau geprüft werden, ob der Auftragnehmer in der Lage ist, die vereinbarten Verpflichtungen – also eine sichere Durchführung der Fahrten – auch wirklich erfüllen kann. Bislang sei dies weder beim Landkreis Osnabrück noch beim Land Niedersachsen getan worden. Die Notvergabe ermögliche den Wallenhorster Bürgern wenigstens ein Busangebot auf niedrigem Niveau. Wichtig sei nun, dass „jeder angekündigte Bus auch wirklich fährt“.

Zum Abschluss der Debatte mahnte der CDW/W-Fraktionsvorsitzende Manfred Gretzmann davor, die ÖPNV-Problematik zu einem parteipolitischen Streitthema zu machen. Wichtiger als nach vermeintlich Schuldigen für die unerfreuliche Situation zu suchen, sei mit vereinten Kräften eine bessere Lösung zu finden. Für Wallenhorst müsse Priorität haben, dass die Bürger nicht mehr an der Haltestelle warten müssen. Zweitens sollte die Gemeinde die Zahlungen für den ÖPNV-Zuschuss nur dann wieder aufnehmen, „wenn wir dafür eine vernünftige Gegenleistung bekommen“. (H.) 

Kommentar

von Redakteur Klaus Hilkmann

Neubewertung

Man wartet zehn Minuten. Dann ist eine Viertelstunde vergangen und schließlich zeigt sich: Der angekündigte Bus kommt nicht. Das 4,40 Euro teure Ticket bringt anstelle der erwarteten Fahrt nach Osnabrück nur Frust und im schlimmsten Fall einen verpassten Termin beim Arbeitsamt oder einem Vorstellungsgespräch. Fast noch schlimmer ist: Statt sich auf den Schulbus verlassen zu können, müssen immer wieder die ansonsten verpönten Elterntaxis zum Einsatz kommen.

Dass genau das in Wallenhorst zum Alltag geworden ist, darf nicht länger hingenommen werden. Die Entscheidungsträger unserer Ge-

meinde müssen nun dafür sorgen, dass der berechtigte Bürgerwunsch für einen verlässlichen ÖPNV vom Landkreis Osnabrück und dem Land Niedersachsen endlich ernst genommen wird. Mit Worten allein ist es dabei offensichtlich nicht getan. Gut, dass Bürgermeister Otto Steinkamp nun die Notbremse gezogen und die Zahlungen für den ÖPNV-Zuschuss erst einmal eingestellt hat.

Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass es die mit den Fahrten betrauten Unternehmen unter den aktuellen Bedingungen schwer haben, ihre Verpflichtungen erfüllen zu können. Für einen wirtschaftlichen Betrieb reichen die Einnahmen und bislang gewährten Zuschüsse bei weitem nicht aus. Vor allem die hohen Energie- und Personalkosten sorgen dafür, dass Fahrten auf weniger frequentierten Strecken sehr schnell in die Insolvenz führen können.

Unter den Folgen dieser Entwicklung müssen nun die Wallenhorster Bürger – und natürlich auch die Umwelt – leiden. Denn ohne eine sichere Busverbindung gibt es wenig gute Gründe, 80,70 Euro für ein Bus-Monatsticket nach Osnabrück auszugeben. Dafür bekommt man auch eine Tankfüllung, die für rund 20 Autofahrten zur Arbeitsstätte in Osnabrück allemal ausreicht.

Vor diesem bitteren, aber leider realen Hintergrund ist die nun gefundene Notfallvergabe eine vernünftige Regelung. Damit kann zumindest erst einmal eine Busversorgung auf niedrigem Niveau sichergestellt werden, die auch Zeit für eine grundsätzliche Neubewertung bringt. Denn die wird nicht nur in Wallenhorst nötig sein. Die Wahrheit ist: Wer die Umwelt schonen und die Verkehrswende umsetzen möchte, muss das auch möglich machen. Das bedeutet konkret: Der Steuerzahler wird künftig noch deutlich mehr Geld für den ÖPNV aufbringen müssen. (H.)


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