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Millionen-Investitionen werden zu einem großen Teil auf Pump bezahlt

Haushalt für 2024 vorgestellt: Verschuldungshöhe für Wallenhorst „gerade noch vertretbar“  –

Gemeinde müsste zur Rückzahlung bis 2043 jedes Jahr drei Millionen Euro zahlen –

Bürgermeister spricht weiter von guten Schulden  –

Wird die 50 Millionen-Grenze bald gerissen?

Erneut ein dickes Minus im Ergebnishaushalt, eine weiter ansteigende Neuverschuldung und ein Rekordschuldenstand, der der gefürchteten 50 Millionen-Grenze immer näher kommt: Der jetzt im Gemeinderat vorgestellte Haushalt für 2024 zeigt, dass die Jahre mit positiven Finanzzahlen in Wallenhorst endgültig Vergangenheit sind. „Der aktuelle Haushalt spiegelt wider, dass wir derzeit in wirtschaftlich schwierigen Zeiten leben“, betonte Gemeindekämmerer Florian Lüttgemöller.

Die hohen Energiekosten, die Inflation und vor allem die Folgen des Ukraine-Kriegs hätten dafür gesorgt, dass die Konjunktur ins Stocken geraten ist. Dass diese wirtschaftliche Negativ-Entwicklung nicht nur Wallenhorst, sondern bundesweit fast alle Kommunen betrifft, mache die Sache nicht leichter.

Das aktuell für die Gemeinde Wallenhorst erstellte Zahlenwerk beinhalte zwar auch viele positive Aspekte. Für die nun folgenden Haushaltsberatungen in den Fraktionen gab der Kämmerer den Ratspolitikern aber mit, dass der in Wallenhorst erreichte Schuldenstand „für eine Gemeinde dieser Größenordnung gerade noch vertretbar ist“. Welche Folgen daraus resultieren, macht schon eine einzige Berechnung klar. Um die insbesondere in den letzten zehn Jahren in der Zeit der SPD/CDW-Ratsmehrheit und von Bürgermeister Otto Steinkamp angehäuften Schulden wieder zurückzuzahlen, müsste die Gemeinde Wallenhorst mindestens 20 Jahre lang – also bis 2043 – alle zwölf Monate drei Millionen Euro allein für Tilgungs- und Zinszahlungen aufbringen.

Den wesentlichen Grund für die hohe Verschuldung zeigen die vorliegenden Zahlen für den Haushalt 2024 und die Folgejahre ebenfalls. Die Gemeinde gibt sehr viel Geld für Investitionen aus, die zu einem großen Teil nur auf Pump möglich sind. Im kommenden Jahr sind Ausgaben von mehr als 15 Millionen vorgesehen, die zum größten Teil für verschiedene Hoch- und Tiefbaumaßnahmen vorgesehen sind. Auch in den darauf- folgenden Jahren sind dafür noch Ausgaben in jeweils zweistelliger Millionenhöhe vorgesehen. Allein für den Neubau von Grundschulmensen plant die Gemeinde Wallenhorst über elf Millionen Euro bis zum Jahr 2027 ein, wobei Bürgermeister Otto Steinkamp öffentlich erklärt hatte, dass er hierfür schon jetzt mit deutlich höheren Kosten rechnet.  

Klar ist bereits, dass ein Großteil der Investitionen erneut mit neuen Schulden finanziert werden muss. Der Kämmerer Florian Lüttgemöller geht in der mittelfristigen Finanzplanung davon aus, dass die Neuverschuldung innerhalb der nächsten vier Jahre rund 7,75 Millionen Euro betragen wird. Konkret bedeutet das: Die Gemeinde gibt erneut deutlich mehr Geld aus, als sie sich eigentlich leisten kann. Der Schuldenstand der Gemeinde wird 2027 demnach rund 47,8 Millionen Euro betragen.

Falls die Baukosten für die Grundschulmensen anstelle von elf tatsächlich die vom Bürgermeister öffentlich avisierten 13 oder 14 Millionen Euro erreichen würden, wäre die 50 Millionen-Grenze bei den Schulden locker überschritten. Genau das könnte auch dann passieren, wenn sich die Konjunktur weiter verschlechtert und/oder die Gemeinde noch mehr Geld für Zinsen sowie vom Land und Bund vorgegebenen Aufgaben ausgeben müsste wie erwartet.   

Zwar ist bei der Vorstellung des Haushalts traditionell noch keine Diskussion vorgesehen. Bürgermeister Otto Steinkamp meldete sich dennoch mit einer längeren Einlassung zu Wort. Auch mit Blick auf Berichte des Bürger-Echos zu dem hohen Schuldenstand betonte er einerseits, dass die Gemeinde mit den Millionen-Ausgaben für Kindergärten, Schulen und den Straßenausbau auch erhebliche Werte geschaffen habe.

Bei einem großen Teil handle es sich zudem um rentierliche – also gute – Schulden, da die Gemeinde etwa in Folge des Kaufs der Gas- und Stromnetze durch die Gemeindewerke Wallenhorst sowie den Investitionen für die Breitbandversorgung mittel- und langfristig beachtliche Erlöse erwirtschaften werde. Das Ganze sei mit einem gut kalkulierten Hauskauf vergleichbar, erklärte Otto Steinkamp. Da die Mieteinnahmen dann höher sind als die Aufwendungen für Tilgung und Zinsen, zahle sich die Investition unter dem Strich aus.

Dass dies für Kindergärten und Schulen nicht gilt, weil hier anstelle von Mieteinnahmen nur Folgekosten für die Unterhaltung der Gebäude anfallen, sagte der Bürgermeister nicht. Auch zu bereits von den Gemeindewerken erzielten Einnahmen durch die Energienetze machte er keine Angaben. Das Gleiche gilt für die Frage, wie alt und entsprechend reparaturbedürftig die für viel Geld gekauften Gas- und Stromleitungen bereits sind und ob diese bei der vom Bund forcierten Umstellung der Energieversorgung überhaupt noch in dieser Form genutzt werden können.

Kein Wort vom Chef der Verwaltung gab es schließlich auch zu der hohen Tilgungs- und Zinslast, die auch die nächste Generation in Wallenhorst belasten wird. Sicher ist: Für seine Vorstellung von den guten Schulden findet der Bürgermeister bei vielen Ratspolitikern nur wenig Verständnis. „Schulden sind immer schlecht“, hatte dazu im letzten Bürger-Echo etwa die Vorsitzende des Finanzausschusses Marlies Robben erklärt.  (H.)


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