Gemeinde wäre noch nicht in der Pflicht –
Gemeinde will das Geld trotzdem schon jetzt ausgeben
Eigentlich verpflichtet das von der rot-grünen Landesregierung erlassene Klimaschutzgesetz bislang ausschließlich einwohnerstarke Mittel- und Oberzentren dazu, schon in naher Zukunft einen Fahrplan für die kommunale Wärmeplanung zu erstellen. Der Wallenhorster Gemeinderat will dies dessen ungeachtet schon jetzt tun und hat dafür 150.000 Euro in den Haushalt 2024 eingestellt. Und das, obwohl die Gemeinde auch im kommenden Jahr viel zu wenig Geld in der Kasse hat, um die geplanten Investitionen ohne neue Schulden bezahlen zu können.
Ob die von vielen Bürgern als magische Verschuldungsgrenze von 50 Millionen Euro im kommenden Jahr gerissen wird, kann angesichts der aktuell schlechten Wirtschaftslage wohl niemand ausschließen „Das ist wie ein Blick in die Glaskugel“, antwortet etwa der CDW/W-Ratsherr Michael Lührmann auf die Frage im aktuellen Bürger-Echo, ob die Gemeinde Wallenhorst ihre Schulden zeitnah zurückzahlen wird. Auch ob die 50 Millionen Euro das Ende der Fahnenstange bleiben werden, ließ das Wallenhorster Ratsmitglied ausdrücklich offen.
Wer Schuld an dem hohen Schuldenstand hat, ist für Michael Lührmann allerdings ähnlich wie für viele andere Kommunalpolitiker klar. Er nennt hier vor allem das Land Niedersachsen und den Bund, die immer neue teure Anforderungen an die Kommunen stellen, aber nicht das dafür erforderliche Geld zur Verfügung stellen. Fakt ist: In der Amtszeit von Bürgermeister Otto Steinkamp und der Ratsmehrheitszeit von SPD und CDW/W hat sich der Schuldenstand der Gemeinde Wallenhorst innerhalb der letzten zehn Jahre mehr als verdoppelt.
Dass ein Großteil der teuren Verpflichtungen von Land und Bund bestellt, aber nicht bezahlt wurden, stimmt in vielen Bereichen. Bei den 150.000,- Euro teuren Planungskosten für eine kommunale Wärmeversorgung der Zukunft ist es aber anders. „Da die Gemeinde Wallenhorst ein Grundzentrum bildet, ist sie von dieser Pflicht derzeit noch ausgenommen“, ist dazu auf der Internetseite der Gemeinde zu lesen.
Das Ganze ist somit eine freiwillige Maßnahme, über die zum aktuellen Zeitpunkt allein die Gemeindepolitik zu entscheiden hat. Ob der im Juli 2023 beim Bund gestellte Förderantrag positiv beschieden – also einen finanziellen Zuschuss bringen wird – wird sich vermutlich im Frühjahr 2024 entscheiden. Es kann also sein, dass die Gemeinde komplett auf den Kosten sitzen bleiben wird – wenn es denn bei den 150.000,- Euro bleiben sollte.
Mit der kommunalen Wärmeplanung möchte die Gemeinde Wallenhorst einen Beitrag leisten, damit Deutschland bis spätestens 2045 klimaneutral wird. Im Fokus steht, einen Fahrplan zu entwickeln, wie eine klimaneutrale Versorgung mit Wärme im Gemeindegebiet am besten gelingen kann. Konkret erklärt die Gemeindeverwaltung das ganze unter anderem wie folgt: „Grundsätzlich soll die Wärmeplanung das gesamte Gemeindegebiet umfassen und die privaten Wohngebäude, die kommunalen Liegenschaften und die gewerblichen Gebäude darstellen“.
Ziel sei eine größere Planungssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen, betont der von der Gemeinde Wallenhorst angestellte Klimaschutzmanager Stefan Brune: „Im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung werden Wärmepläne erarbeitet, die aufzeigen, wo perspektivisch Wärmenetze entstehen werden oder wo die Wärmepumpe die bessere Alternative ist.“
Die Gemeinde will die 150.000,- Euro teure Planung übrigens auch dann umsetzen, wenn es kein Fördergeld vom Bund geben sollte. Genau das sieht ein Ratsbeschluss vom 5. Oktober diesen Jahres vor, teilt die Verwaltung dem Bürger-Echo auf Nachfrage mit. (H.)
Kommentar
von Redakteur Klaus Hilkmann
„Wir haben’s ja“
Dass die Gemeinde 150.000 Euro für eine kommunale Wärmeplanung ausgeben will, hört sich zunächst gut an. Die Summe ist im Vergleich zu anderen in naher Zukunft geplanten millionenschweren Investitionen überschaubar. Und inhaltlich scheint ohnehin kein Zweifel an der Ausgabe erlaubt zu sein. Immerhin geht es ja um den Klimaschutz, der uns doch alle angeht.
All das ist grundsätzlich gut und richtig so. Trotzdem kommen beim genaueren Hinsehen doch Zweifel auf, ob das vom Steuerzahler bereitgestellte Geld für diese Maßnahme wirklich gut angelegt ist. So muss etwa die Frage erlaubt sein, warum sich die schon jetzt hoch verschuldete Gemeinde aus freien Stücken eine neue Ausgabe ans Bein bindet, die nicht nur viel Geld kostet, sondern auch zusätzliche personelle Ressourcen in der zumindest in anderen Bereichen sehr knapp besetzten Gemeindeverwaltung binden wird.
Die weitere Entwicklung beim Thema „Klima & Co.“ ein wenig abzuwarten, wäre vielleicht die klügere und ganz sicher die preiswertere Entscheidung gewesen. Mit Blick auf das aktuelle Chaos in der Bundesregierung ist es gut möglich, dass schon bald ganz andere Vorgaben zur kommunalen Wärmeplanung gelten werden. Die aktuell im Gemeindehaushalt eingeplanten 150.000 Euro könnten dann im schlimmsten Fall ohne positiven (Klima)-Effekt verbrannt sein. Die Entscheider in Rat und Verwaltung sehen dieses Risiko offenbar nicht. Sie handeln wieder einmal nach dem Motto: „Wir haben’s ja…“.
Fast noch schlimmer wäre für viele Bürgerinnen und Bürger aber, wenn mit dem Geld das umgesetzt wird, wonach es derzeit aussieht. Dass der Wallenhorster Klimaschutzmanager ausschließlich den Anschluss an ein Wärmenetz oder den Einbau einer Wärmepumpe als Alternativen für eine Wärmeversorgung der (nahen) Zukunft nennt, wirkt für viele Betroffene wie ein kalter Schauer. Die von über 80 Prozent der Bevölkerung genutzten Gas-, Öl- und Pelletsheizungen werden mit keinem Wort erwähnt. Diese Wärmequellen kommen in der neuen kommunalen Wärmeplanung einfach nicht mehr vor.
Der großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger könnte die aktuelle 150.000-Ausgabe also noch richtig teuer zu stehen kommen. Denn umso schneller die scheinbar umweltfreundliche Wärmeplanung erstellt und umgesetzt wird, umso eher könnte den Wallenhorstern eine Verpflichtung zum Zwangsanschluss oder Einbau einer Wärmetechnik drohen – unabhängig davon, ob sie das möchten und bezahlen können. (H.)
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