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Land Niedersachsen zu Grundschul-Mensen:

Kultusministerium lässt Kommunen freie Hand – 

Ganztagsangebot gilt erst ab Sommer 2029 für alle Grundschüler  – 

Gemeinde plant mit Baukosten von zehn Millionen Euro  – 

CDU will wirklichen Bedarf abklären  – 

Grünen-Fraktionschef: „Müssen völlig neu diskutieren“

„Es stimmt, dass wir nicht dazu verpflichtet sind.“ Im jüngsten Schulausschuss bestätigte Bürgermeister Otto Steinkamp einen wenige Tage zuvor veröffentlichten Bericht des Bürger-Echos, dass im Zuge des ab 2026 geplanten Ganztagsangebots in den Grundschulen keine neuen Schulmensen gebaut werden müssen. Genau das hatte ein Sprecher des beim Land Niedersachsen zuständigen Kultusministeriums auf Nachfrage unserer Zeitung klargestellt.

Zwar sehe der dafür geltende Erlass „Die Arbeit in der Ganztagsschule“ vor, dass ein warmes Mittagessen angeboten wird. Das Land lasse den Schulträgern – also auch der Gemeinde Wallenhorst – aber freie Hand, wie das Ganze vor Ort in den Grundschulen umgesetzt wird. Wörtlich schreibt das Land Niedersachsen dazu: „Es besteht keine grundsätzliche Pflicht für die Kommunen, eine Mensa zu bauen bzw. einzurichten – alternative Lösungen hinsichtlich der Mittagessenversorgung finden bereits jetzt erfolgreich Anwendung.“  

Abgesehen davon, dass der Inhalt der genannten Regelung auch aus seiner Sicht richtig dargestellt worden ist, zeigte sich der Bürgermeister im weiteren Verlauf seiner Einlassung im Schulausschuss offensichtlich wenig erfreut über die Berichterstattung im Bürger-Echo. Die Entscheidung für die zehn Millionen Euro teuren Mensen-Neubauten an den Grundschulen im Gemeindegebiet sei aus seiner Sicht nach wie vor richtig und wichtig. Otto Steinkamp verwies in einer längeren Erklärung unter anderem darauf, dass ansonsten eine Mehrbelastung der Lehrkräfte droht und auch die strengen Hygienevorschriften für die Mittagsverpflegung an Grundschulen ohne die neuen Räumlichkeiten nur schwerlich umsetzbar wären.

Die Vorsitzende des Finanzausschusses, Marlies Robben, hatte als erste Reaktion auf die Klarstellung des Kultusministeriums im Bürger-Echo erklärt, dass nun überprüft werden sollte, ob wirklich an allen Wallenhorster Grundschulen der bislang angenommene Bedarf für einen Mensa-Neubau besteht. Angesichts eines in den letzten zehn Jahren auf rund 50 Millionen Euro verdoppelten Schuldenstands müsse die Gemeinde wieder vermehrt darauf achten, dass auf unnötige bzw. überdimensionierte Projekte verzichtet wird, betont die CDU-Ratsfrau: „Wir können mit der Verschuldung nicht mehr so weiter machen.“ Die Entscheidungsträger in Wallenhorst müssten wieder lernen, dass nur das Geld des Steuerzahlers ausgegeben wird, das ohne eine Neuverschuldung der Gemeinde zur Verfügung steht.     

Irritiert reagierte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Rüdiger Schulz auf die Mitteilung des Kultusministeriums, dass keine Pflicht für den Bau neuer Mensen besteht. „Ich bin davon ausgegangen, dass mit der Einführung der Ganztagsschule die Mensen gesetzlich erforderlich sind. Deshalb haben wir den Investitionen für 2024 und die Folgejahre auch zugestimmt.“ Nun habe sich die Situation grundlegend verändert, betont Rüdiger Schulz: „Sind die Mensen nicht gesetzlich erforderlich, müssen wir völlig neu diskutieren.“  

Sicher ist, dass die 24.000 Einwohner-Gemeinde Wallenhorst von 2024 bis 2027 insgesamt rund zehn Millionen Euro für den Neubau bzw. die Erweiterung von Grundschul-Mensen ausgeben will – allein im laufenden Jahr knapp 3,2 sowie in 2025 mehr als 2,6 Millionen Euro. Da die Gemeinde eigentlich nicht genug Geld für derart teure Investitionen hat, müssen diese zu einem großen Teil mit zusätzlichen Schulden finanziert werden. Entsprechende Ausgaben sieht der im Dezember von einer Mehrheit aus SPD, CDW/W, FDP, Grünen sowie dem Bürgermeister beschlossene Haushaltsplan für 2024 vor, in dem auch die Investitionen für die Folgejahre aufgeführt sind. Vor allem um ein Zeichen gegen die zu hohe Verschuldung zu setzen, hatte die CDU als einzige Ratsfraktion den Haushalt abgelehnt.

Ein Blick in die vom Land Niedersachsen festgelegten Inhalte zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter zeigt    übrigens, dass die Regelungen erst ab dem Schuljahr 2026/27 greifen – und dann auch erst einmal nur für die ersten Klassen. Weiter heißt es in der im „Portal Ganztagsschule“ der Landesregierung nachzulesenden Bestimmung wie folgt: „In den darauffolgenden Jahren wird der Rechtsanspruch aufsteigend für die Klassenstufen 2-4 erweitert, so dass ab dem Schuljahr 2029/30 allen Schülerinnen und Schülern eine Ganztagsbetreuung zusteht.“

Für die betroffenen Kommunen – also auch für die Gemeinde Wallenhorst – bedeutet das, dass erst im Sommer 2029 alle Grundschüler einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung haben. Ab dann muss für die Schüler aus allen Klassenstufen von 1 bis 4 sichergestellt sein, dass sie an fünf Werktagen pro Woche im Umfang von acht Stunden täglich in der Grundschule betreut werden, heißt es in der Regelung des Kultusministeriums.

Ob alle Kinder wirklich so lange in der Schule bleiben werden, kann allerdings derzeit niemand mit Sicherheit sagen. Eine Nachfrage des Bürger-Echos in anderen Landkreis-Kommunen ergab, dass freiwillige Ganztagsangebote unterschiedlich gut angenommen werden. Ähnliches gilt für das Mittagessen. Denn das wird auch mit Einführung der Grundschul-Ganztagsschule ausdrücklich „nicht kostenfrei“ sein, schreibt das Land Niedersachsen. Zum Beispiel werden an der Grundschule Pye aktuell 11,90 Euro pro Monat berechnet, wenn das Kind dort ein Mal pro Woche zu Mittag isst. Für das Fünf-Tage-Angebot werden 60 Euro pro Monat und Kind veranschlagt. (H.) 

Kommentar

...von Redakteur Klaus Hilkmann

Mensen und Wahlen

Bei den Investitionen in den Bildungsbereich sind sich die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung unserer Gemeinde erfreulicherweise stets in einem Punkt einig gewesen: Wallenhorst lässt sich seine Kindergärten und Schulen gutes Geld kosten – oft sogar deutlich mehr als andere Kommunen. In Zeiten gut gefüllter Kassen war genau das zumeist auch richtig und wichtig. Bislang konnte man sich fast immer sicher sein, dass sich die mitunter teuren Investitionen für die Jüngsten letztlich für alle auszahlen.    

Ob das auch für Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe für neue Grundschul-Mensen gilt, darf zumindest bezweifelt werden.

So kann derzeit niemand sagen,

ob die neu geschaffenen Räumlichkeiten wirklich in dieser Größenordnung benötigt werden. Zwar könnte es hier und da eng werden, wenn künftig mehr Kinder ganztags in der Grundschule bleiben. Bevor man derart viel Geld für Neubauten ausgibt, die allein zum Mittagessen bestimmt sind, sollte aber sicher geklärt sein, wie groß der Bedarf wirklich ist. 

Seriös beurteilen lässt sich das wohl frühestens 2026, wenn der erste Ganztags-Jahrgang an den Start geht. Wenn sich dann zeigen sollte, dass es nicht ohne neue Mensen geht, bleibt immer noch reichlich Zeit, diese fertigzustellen. Immerhin gilt der Rechtsanspruch für alle vier Grundschulklassen erst ab dem Sommer 2029. Dass die Gemeinde Wallenhorst die neuen Mensen größtenteils schon bis 2026 fertigstellen möchte, wirft die Frage auf, ob das auch mit den dann anstehenden Landtags- und Kommunalwahlen zu tun haben könnte.

Sicher ist, dass der Bürgermeister erklären sollte, warum er nicht schon vor der jüngsten Sitzung des Schulausschusses klar und deutlich gesagt hat, dass die Einführung des Ganztagsbetriebs keinerlei Verpflichtung für den Bau neuer Mensen mit sich bringt. Die Rats-
mitglieder hätten dann die Möglichkeit gehabt, auch über alternative und weniger teure Lösungen nachzudenken. Was dabei alles möglich ist, zeigen die Grundschulen mit vielen klugen Ideen und Flexibilität schon jetzt. Statt dessen wurde vom Bürger-meister und mancher Ratsfraktion so getan, als ob es sich wieder einmal um eine Bestellung des Landes handelt, die von den Kommunen bezahlt werden muss.  

Richtig ist, dass die zehn Millionen für die Grundschulmensen eine freiwillige Ausgabe sind,

die sich die Befürworter in Rat und Verwaltungsspitze auf Kosten einer weiteren Neuverschuldung leisten.

Das wäre die Schattenseite, falls sich die lokale Polit-Prominenz im Wahljahr 2026 in den schönen neuen Grundschulmensen ablichten lassen sollte. (H.)




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