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Ernste Gesichter im Rat: Rekordverschuldung von 55 Millionen Euro

Ergebnishaushalt 2025 bringt erneut Millionen-Minus –

Gemeinde muss bei jeder neuen Ausgabe an anderer Stelle sparen  –

Pro Jahr fallen 1,3 Millionen Euro nur für Zinsen an

„Bei der Verschuldung hat Wallenhorst einen Wert erreicht, der für eine Kommune unserer Größenordnung gerade noch vertretbar ist.“ In der jüngsten Ratssitzung ließ Kämmerer Florian Lüttkemöller bei der Vorstellung der Haushaltszahlen für das Jahr 2025 keinen Zweifel daran, dass die Zeit der millionen-schweren Investitionen auf Pump in unserer Gemeinde erst einmal vorbei sein muss. Den sichtlich beeindruckten Ratsmitgliedern gab der Gemeindekämmerer einen unmissverständlichen Appell auf den Weg: „Mehr können wir uns nicht leisten. Für jede neue Ausgabe muss künftig an anderer Stelle gespart werden.“

Wie ernst die Finanzlage der 23.000 Einwohner-Gemeinde inzwischen ist, hatte Florian Lüttkemöller kurz zuvor bei der Vorstellung der aktuellen Zahlen sowie einem Ausblick auf die Entwicklung der Finanzen bis zum Jahr 2028 deutlich gemacht. Demnach werden sich die Wallenhorster Bürgerinnen und Bürger bis zum Ende des Jahrzehnts an einen defizitären Ergebnishaushalt gewöhnen müssen. Allein das Haushaltsjahr 2025 wird voraussichtlich mit einem Minus von über drei Millionen Euro abschließen. 

Alles in allem kommen bis 2028 nach den Berechnungen des Kämmerers mehr als 5,5 Millionen Euro zusammen, die im Ergebnishaushalt mehr ausgegeben als eingenommen werden. Das zur Deckung fehlende Geld soll der Gemeindekasse aus der in wirtschaftlich besseren Zeiten aufgebauten Rücklage zugeführt werden. Diese wird dadurch erstmals seit langem deutlich unter 15 Millionen Euro rutschen. Sollte die Entwicklung so weitergehen, wäre die Finanzreserve der Gemeinde nach etwa zehn weiteren Jahren aufgebraucht. 

Richtig unbehaglich wurde die Stimmung im Ratssaal bei dem anschließenden Blick auf die Schuldenentwicklung. Anders als lange erhofft und von führenden Ratspolitikern versichert, wird Wallenhorst die gefürchtete 50 Millionen Euro-Grenze schon bald deutlich überspringen. Nach den aktuellen Berechnungen werden die Schulden der Gemeinde bis zum Ende dieses Jahres mindestens 48 Millionen Euro erreichen und 2026  auf rund 55 Millionen Euro ansteigen. Übertragen auf die Pro Kopf-Verschuldung lebt dann jeder Wallenhorster mit einem Minus von 2.400 Euro, das die Gemeindepolitik verursacht hat.

Ein relevanter Abbau der Verschuldung ist in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2028 nicht in Sicht.

Wesentlicher Grund für die tiefroten Zahlen ist, dass die in jüngster Zeit und auch in Zukunft eingeplanten Investitionen vor allem mit neuen Schulden finanziert werden. Als Folge muss Wallenhorst allein für das Jahr 2024 mit einer Neuverschuldung von über elf Millionen Euro rechnen – in etwa die Summe, die trotz deutlich rückläufiger Kinder- und Schülerzahlen für den Bau neuer Mensa-Räumlichkeiten an den Grundschulen ausgegeben werden soll. 

Mit zu geringen Einnahmen hat der heftige Schuldenanstieg übrigens nichts zu tun. Die haben sich „eigentlich sehr positiv entwickelt“, betonte Florian Lüttkemöller: „Das Problem ist vielmehr, dass die Ausgaben in einem sehr viel höheren Maß gestiegen sind.“

Für den Haushalt der Gemeinde Wallenhorst bedeutet der Schuldenanstieg, dass künftig Jahr für Jahr mindestens 1,3 Millionen Euro für Zinszahlungen sowie – noch einmal oben drauf – zwei Millionen Euro für die Schuldentilgung eingeplant werden muss. Was das für die kommenden Generationen bedeutet, machte Kämmerer Florian Lüttkemöller bei seinem eindringlichen Vortrag ebenfalls klar: „Nach derzeitigem Stand wird es 20 bis 25 Jahre dauern, bis diese Verschuldung komplett abgebaut worden ist.“

Sicher ist, dass sich der Schuldenstand der Gemeinde Wallenhorst seit der Ratsmehrheit von SPD und CDW/W sowie der Amtszeit von Bürgermeister Otto Steinkamp innerhalb von gut zehn Jahren nahezu verdreifacht hat. Noch bis vor wenigen Monaten hatte etwa der CDW/W-Fraktionsvorsitzende Manfred Gretzmann immer wieder von „guten Schulden“ gesprochen, wenn die Ratsmehrheit für millionenteure Investitionen gestimmt hat, die nur mit weiteren neuen Schulden finanzierbar waren. 

Eine Diskussion über die neu vorgestellten Haushaltszahlen fand traditionell noch nicht statt. Die Ratsfraktionen haben nun erst einmal Zeit, sich intern damit zu beschäftigen. Der Haushalt für 2025 soll dann Anfang Dezember vom Rat beschlossen werden. (H.)


Kommentar

Von Redakteur Klaus Hilkmann

Schweres Erbe

Wer die Ausgabenpolitik der Ratsmehrheit in den letzten Jahren verfolgt hat, musste mitunter den Eindruck gewinnen, dass die Gesetze der Mathematik in Wallenhorst keinen Wert haben. Für vermeintlich hochwichtige Maßnahmen wurden immer wieder teure Investitionen beschlossen, die größtenteils auf Pump bezahlt werden mussten. Das Ergebnis ist eine Verschuldung von 55 Millionen Euro – etwa drei Mal so viel wie in den wirtschaftlich ebenfalls nicht gerade perfekten Zehnerjahren dieses Jahrhunderts.   

Bei der Suche nach Ursachen gehört zwar zur Wahrheit, dass ein Teil der finanziellen Negativentwicklung durch die schwierige weltpolitische Lage sowie Bundes- und Landesentscheidungen zu Lasten der Kommunen entstanden ist. Dessen ungeachtet zeigen gerade auch Entscheidungen aus jüngster Zeit, dass der Gemeinderat selbst für einen Großteil der Verschuldung verantwortlich ist. 

So war es für die Ratsmehrheit lange Zeit kein Problem auf Kosten der Steuerzahler immer wieder viel mehr Geld als man hat auszugeben. Dass trotz stark sinkender Kinderzahlen und hoher Schulden noch in diesem Jahr elf Millionen Euro allein für Mensa-Neubauten mit bis zu 20! Räumen an den Grundschulen freigegeben wurden, ist nur ein besonders eklatantes Beispiel für Entscheidungen, über die viele Bürgerinnen und Bürger verständlicherweise den Kopf schütteln. 

Jetzt ist es dazu gekommen, dass die Gemeinde in Zukunft vor allem zum Schuldenabbau verpflichtet sein wird – Jahr für Jahr mit hohen Millionen-Zahlungen für Zins und Tilgung. Geradezu tragisch dabei ist, dass die heute in teilweise überdimensionierten Kindergärten und Grundschulen betreuten Kinder in 15, 20 und 25 Jahren durch die Folgen der aktuellen Ausgabenpolitik der Gemeinde belastet sein werden. Was diese nächste Erwachsenen-Generation wohl zu diesem (schweren) Erbe sagen wird...? (H.)    


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