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Weiter Unmut über Neubaugebiet an den Ruller Helmichsteinen

Trotz Kritik bekunden Gegner ihre Gesprächsbereitschaft:

„Voraussetzung ist, dass ein ausreichender Bedarf besteht“ –

Frühzeitige Bürgerbeteiligung läuft bis 26. September

 

„So darf das nicht kommen.“

In Rulle sind viele

Bürgerinnen und Bürger

gegen die Verwirklichung

eines großen Neubaugebiets

an den Helmichsteinen. 

 

Viel zu groß, am Bedarf vorbei sowie ein unzumutbarer Eingriff in Natur und Umwelt: Dass die Pläne der Gemeindeverwaltung für ein Neubaugebiet mit 138 Wohneinheiten an den Ruller Helmichsteinen auf großen Widerstand in der Bevölkerung stößt, hat sich in den letzten Wochen und Monaten immer wieder gezeigt. Insbesondere in den benachbarten Siedlungen herrscht offensichtlich große Verunsicherung.  Wie tief der Ärger bei vielen sitzt, haben betroffene Bürgerinnen und Bürger inzwischen bei mehreren Info-Veranstaltungen sowie Ausschuss- und Ratssitzungen kundgetan. „Wer das so beschließt, wird bei den nächsten Wahlen keine einzige Stimme aus diesem Bereich bekommen“, war nur eine der zum Teil sehr drastischen Stimmen, mit denen die Entscheider in Politik und Verwaltung zu einem Planungs-Stopp aufgefordert wurden.

Der Planungsprozess geht dessen ungeachtet ohne Zeitverzug weiter. Der Gemeinderat hat mehrheitlich grünes Licht für das Vorhaben gegeben. Als eine der ersten Planungsschritte auf dem Weg zur Verwirklichung läuft derzeit das Verfahren für die sogenannte frühzeitige Bürgerbeteiligung. Dabei kann man sich bis zum 26. September mit Anregungen und Kritikpunkten an die Gemeindeverwaltung wenden. 

Was die Gemeinde in dem so bezeichneten Baugebiet „Im Esch – Stadtweg“ realisieren möchte, ist auf einer Planzeichnung zu sehen, die bereits von der Verwaltung veröffentlicht worden ist. Demnach sollen auf der bislang landwirtschaftlich genutzten Fläche neben rund 100 Einzel-, Doppel- und Reihenhäusern auch sechs mehrgeschossige Mehrfamilienhäuser entstehen, die es in dieser Form und Größe noch nicht in Rulle mit seinen rund 4.500 Einwohnern gibt. 

Wo die neuen Gebäude inklusive Zufahrtsstraße und Regenrückhaltebecken genau entstehen sollen, hat das mit der Planung beauftragte Büro offenbar bereits festgelegt. Viele Bürgerinnen und Bürger fühlen sich auch dadurch vor vollendete Tatsachen gestellt. „Wenn die Verwaltung die vor Ort lebenden Menschen ernst nehmen würde, dürfte es derart detaillierte Zeichnungen in einer derart frühen Planungsphase noch gar nicht geben“, kritisiert auch der Ruller CDU-Ratsherr Alfred Lindner. 

Das hier praktizierte Vorgehen zeige, dass es der Gemeindeverwaltung vor allem um Einnahmen zur Sanierung des hochdefizitären Haushalts geht. Da das Grundstück im Eigentum der Gemeinde sei, könne diese mit Verkaufserlösen in Millionenhöhe rechnen. Voraussetzung ist allerdings, dass es eine ausreichende Nachfrage und daraus resultierende Abschlüsse gibt. Wie schwer das in Zeiten hoher Baukosten und einer stagnierenden Wirtschaft ist, zeigt sich aktuell etwa in dem unweit entfernten Neubaugebiet am Ruller Esch, in dem trotz umfangreicher Vermarktungsbemühungen noch immer mehrere Grundstücke auf einen Käufer warten.

Ungeachtet der scheinbar verhärteten Fronten wollte das Bürger-Echo wissen, ob es eine gemeinsame Lösung und ein Ende der Streitigkeiten geben könnte. Bei einem Treffen mit mehreren Kritikern aus der Bürgerschaft hat sich hier zumindest ein Ansatzpunkt ergeben: „Wenn man uns wirklich hören möchte, sind wir gesprächsbereit“, sagen Anke Oehler und Jürgen Schmidt an diesem Abend unter Zustimmung der anderen Anwesenden. Voraussetzung sei allerdings der Nachweis, dass es in Rulle tatsächlich Bedarf für ein weiteres Neubaugebiet gibt. 

„Wir haben da erhebliche Zweifel“, betonen auch Sven Göttsche, Stefan Wimmer und Bernard Oevermann. Wenn das Baugebiet nicht wie erhofft vermarktet werden könnte, würde die Gemeinde wohl erst einmal auf Erschließungskosten in Höhe von mindestens sechs Millionen Euro sitzen bleiben. Geld, das nicht im Haushalt vorhanden ist, und vermutlich mit weiteren Schulden bezahlt werden müsste. „Da diese Kosten letztlich vom Steuerzahler beglichen werden müssen, möchten wir, dass auch hierfür eine nachvollziehbare Kalkulation erstellt und öffentlich diskutiert wird“.

Falls sich nach Abwägung aller inhaltlichen Fragen letztlich ergeben sollte, dass es doch eine ausreichende Nachfrage gibt, könnte und müsste gemeinsam mit allen Beteiligten – also auch den Anwohnern – über die Größe und Ausgestaltung des Neubaugebiets gesprochen werden. Ein Dorn im Auge sind einigen der diesmal versammelten Bürger vor allem die Mehrfamilienhäuser, „die einfach nicht in diese schöne Naturlandschaft passen“. Zudem müsse hinterfragt werden, ob der Standort an den Helmichsteinen wirklich der passende Ort für die Ansiedlung von mehr als 350 Neubürgern ist. Wenn überhaupt, müsste das Neubaugebiet mehrere Nummern kleiner werden. 

Ob und wie es weiter geht, und eine Einigung mit einem Großteil der Bevölkerung gelingt, werden die nächsten Monate und Jahre zeigen. Das Bürger-Echo wird Sie auf dem Laufenden halten. (H.)


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