Kultusministerium: Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an der Grundschule ist „Kann-Verordnung“ – Ein Standort reicht – Alternative Lösungen in anderen Kommunen
Eigentlich sind die Vorschriften des Landes Niedersachsens zur Umsetzung des Rechtsanspruchs für eine Ganztagsbetreuung an Grundschulen ganz einfach. Das Land Niedersachsen hat sich mit den kommunalen Spitzenverbänden darauf verständigt, dass der für Kinder im Grundschulalter geltende Anspruch „umgesetzt werden kann“, antwortet ein Sprecher des Kultusministeriums auf eine entsprechende Nachfrage des Bürger-Echos.
Wörtlich heißt es in dem Schreiben des Ministeriums weiter, dass „die jeweiligen Kommunen vor Ort entscheiden, an welchen Ganztagsgrundschulen der Rechtsanspruch umgesetzt und ob Hortangebote beibehalten werden“. Möglich seien „auch andere regionale individuelle Lösungen wie beispielsweise Kombinationen von Ganztagsschule und Hort“.
Zusammengefasst bedeutet das, dass die Verpflichtung für entsprechende Angebote – wenn überhaupt – allenfalls für einen der Grundschulschulstandorte pro Kommune gilt.
In Wallenhorst hatten Sprecher aus Politik und Verwaltung den Millionen-teuren Neubau von gleich drei neuen Grundschulmensen in Wallenhorst vor allem damit begründet, dass dies eine Folge des ab 2026 geltenden Rechtsanspruchs sei.
Neben dem Kultusministerium spricht hier auch das Bildungsportal des Landes Niedersachsen eine andere Sprache. Demnach müsse der Ganztagsanspruch weder an mehreren Grundschulen pro Gemeinde erfüllt werden, noch sei dafür der Bau neuer Mensen erforderlich. Bei den Mensen ist nach Angaben des Bildungsportals eher das Gegenteil der Fall. Angebote außerhalb des Unterrichts – wie auch das Mittagessen in der Schule – könne es „zum Beispiel auch in Klassenräumen geben“.
Dass die eigentlich eindeutige Faktenlage von Bürgermeister Otto Steinkamp und verschiedenen Wallenhorster Politkern wiederholt anders interpretiert wurde, ist zum Beispiel in einer Pressemitteilung der SPD-Fraktion aus dem ersten Quartal 2022 zu entnehmen. Dort heißt es, dass der genannte Rechtsanspruch die Grundlage für eine Erweiterung der Mensen in den Wallenhorster Grundschulen ist.
Ins gleiche Horn hatte Bürgermeister Otto Steinkamp etwa beim ersten Spatenstich für den Mensa-Bau an der Erich Kästner-Grundschule in Hollage gestoßen. Dort hatte er darauf verwiesen, dass die gesetzliche Verpflichtung, ab 2026 ein Ganztagsangebot an den Schulen vorzuhalten, Hintergrund der Neubauentscheidung sei.
Sicher ist, dass die Gesamtkosten für die drei Mensa-Neubauten bzw. Erweiterungen im Gemeindegebiet vor gut drei Jahren noch mit 7,2 Millionen Euro beziffert worden waren. Inzwischen ist klar, dass die Kosten mindestens zwölf Millionen Euro betragen werden – viel Geld für eine – wie sich nun zeigt – freiwillige Investition, die von der Gemeinde Wallenhorst nur durch die Aufnahme weiterer neuer Schulden bezahlt werden kann.
Dass man mit umfassenden Sachinformationen auch zu anderen Entscheidungen kommen kann, zeigt ein aktueller Beschluss des Rates der Gemeinde Visbek im nahen Kreis Vechta. Dort verständigten sich Politik und Bürgermeister jüngst auf eine Übergangslösung für die Mittagsverpflegung der Grundschüler. Zur Sicherstellung des Mittagstisches in der Grundschule solle ab August 2026 „eine hybride Nutzung der Pausenhalle bzw. eines weiteren Raumes“ erprobt werden.
Angesichts der angespannten finanziellen Situation der Gemeinde und der fehlenden auskömmlichen Finanzierung von Land und Bund seien finale Lösungen für den Ganztagsanspruch wie etwa ein Mensaneubau „nicht vertretbar“, zitiert die Oldenburgische Volkszeitung in ihrer Ausgabe vom 2. Oktober 2025 den Visbeker Bürgermeister Gerd Meyer.
Die rund 10.500 Einwohner starke Gemeinde rechnet für 2025 zum Beispiel mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von etwa 13 Millionen Euro, was in etwa der Summe entspricht, mit der die Gemeinde Wallenhorst rechnet. Deutliche Finanz-Unterschiede gibt es dagegen bei der Verschuldung. Die liegt in Visbek trotz der dort von Rat und Bürgermeister in der Diskussion über den Mensaneubau beklagten Finanzprobleme immer noch um ein Vielfaches unter den aktuell gut 56 Millionen Euro, die inzwischen in der Gemeinde Wallenhorst angehäuft worden sind. (H.)

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